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Die Legende von Antonius von Gerlangen

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Es war ein Mann, der hieß Antonius von Gerlangen. Der war fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse. Reif an Jahren und reich an Erfahrung beherrschte er die Braukunst wie kein zweiter.

Doch, ach, die Zeiten waren schlecht. Es begab sich im Jahre 1523 des Herrn. Seit Jahren herrschten Dürre und Hunger und Not. Auch heuer schien der Sommer keine reiche Ernte zu bescheren. Wie mager ist das Vieh geworden, das einst so zahlreich weidete? Die Äcker liegen wie brach, nur vereinzelt kämpft sich die Gerste durch das verdorrte Gras.

Doch Antonius von Gerlangen wußte: Gott ist barmherzig, Gott gibt, Gott ist großzügig. Also beschloß er, ein Bier zu brauen, ihm zu Ehren, aus dem Besten, was er ihnen bescherte.

Und er sprach zu den Bauern: Seit Jahren leiden wir Hunger und Not, unser Vieh ist mager und die Äcker liegen wie brach. Doch wisset: Gott ist barmherzig, Gott gibt, Gott ist großzügig. So gebet den besten
Teil eurer Ernte, auf daß ich zu seinen Ehren das beste Bier wohl brauen werde.

Und die Bauern sprachen: Ja, Gott ist barmherzig, Gott gibt, Gott ist großzügig. Und sie sprachen: Wir wollen das allerbeste Korn geben, damit Gott zu Ehren das allerbeste Bier gebraut werde.

Doch, aber, da waren Zweifler und sie sprachen: Seht doch! Seit Jahren herrschen Dürre und Hunger und Not und auch heuer will er uns keine gute Ernte bescheren. Doch die seinen sprachen: Wir geben unser bestes Korn, um Gott zu Ehren das beste Bier zu brauen. Gott wird uns eine reiche Ernte bescheren.

Und so begab es sich in der zweiten Woche des siebten Monats, daß zu Ehren Gottes ein Faß Bier, gebraut zu Ehren Gottes, wohl angestochen wurde. Antonius von Gerlangen sprach: Sieh, Gott, die Zeiten sind schlecht. Seit Jahren herrschen Dürre und Hunger und Not. Das Vieh ist mager geworden und die Äcker, ach, sie liegen wie brach. Doch dir zu Ehren, oh, Herr, haben wir dir aus der besten Gerste und dem edelsten Hopfen ein Bier gebraut, auf daß es dir wohl mundet wie kein anderes. Und also ward das Faß angestochen und es floß das Sommerbier, die Bauern tranken und feierten und lobpreisten Gott.

Doch die Zweifler sprachen: Narren seid ihr! Verschwendet euer bestes Korn, berauscht euch, feiert ausgelassen, obwohl die Ernte so knapp ist, daß ihr nicht über den Winter kommt. Doch die Bauern sprachen: Gott ist gerecht, Gott ist barmherzig. Er wird uns eine reiche Ernte bescheren.

Und es ward ein herrlicher Sommer, das Korn gedieh prächtig, das Gras auf den Wiesen war saftig, das Vieh wohlgenährt. Auf den vertrockneten Wiesen der Zweifler stand das schwächliche, abgemagerte Vieh und die
Äcker der Zweifler lagen wie brach.

Und die Zweifelnden sahen: Gott ist gerecht, Gott ist großzügig. Und sie beteten zu Gott: Oh, Herr, vergib uns unseren Zweifel, vergib uns, daß wir zweifelten an deiner Güte und Barmherzigkeit. Und Gott ist großzügig, Gott vergibt. Gott vergibt auch seinen Zweiflern, wenn sie auf den rechten Weg zurückgefunden haben.

Der Sommer bescherte eine Ernte so reich, daß sie wohl für sieben Winter gereicht hätte. Und auch die Zweifler hatten im Winter satt zu essen.

Fortan gaben alle Bauern jedes Jahr den besten Teil ihres Korns, auf daß Antonius von Gerlangen Gott zu Ehren ein Bier braue, wie es kein zweites gibt. Und fortan bescherte der Sommer stets eine reiche Ernte.


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